Nachdem das Experiment jetzt schon hier und da zu sehen war, wird es wohl Zeit, euch die Details etwas genauer vorzustellen. Hier nun also ein Beitrag für die Physik-Nerds unter unseren Lesern. 😉
Das Experiment besteht, wie ihr bestimmt längst gesehen habt, im Wesentlichen aus zwei Racks. Ich schreibe „im Wesentlichen“, denn streng genommen handelt es sich um 3 Racks. Zwischen den eigentlichen Racks ist nämlich noch ein Beschleunigungssensor direkt auf den Rails verschraubt – aber bleiben wir beim Wesentlichen. Das kleine Rack enthält den RF-Generator und 4 Computer (2 zur Steuerung, 2 zur Aufnahme). Im großen Rack wird es spannend. Hier findet sich das Herzstück unseres Experiments: Die Zyflex-Plasmakammer umgeben von 2 Lasern und stolzen 8 Kameras. In der unteren Ebene befinden sich zudem die Pumpen sowie die Gasversorgung.
Schauen wir uns zunächst die Kammer etwas genauer an. Die ursprünglich für das Ekopasma-Projekt entwickelte Zyflex (zylindrisch, flexibel) ist verglichen mit der IMPF-K2 deutlich größer. Der eigentliche Clou sind die oben und unten jeweils in Center und Ring unterteilten Elektroden, die in Phase und Amplitude unabhängig ansteuerbar sind.
Weiterhin können die Elektroden und der sie umgebende geerdete Guardring unabhängig voneinander in der Höhe verstellt werden. So sind Elektrodenabstände zwischen ca. 30 mm und 75 mm möglich.
Kommen wir nun zu den Diagnostiken. Neben diversen 2D-Diagnostiken betreiben wir auch unser 3D-Setup, welches hierzu vom IMPF-Experiment in diesen Aufbau transplantiert wurde. Daher gibt es auch zwei Laser, da die unterschiedlichen Beleuchtungsansprüche schwer unter einen Hut zu bekommen sind. Wir haben einerseits einen roten Laser für die 2D-Diagnostiken, der eine dünne Schicht von etwa 0.5 mm Dicke auf der ganzen Höhe von 75 mm beleuchtet. Außerdem gibt es den grünen 3D-Laser, der auf etwa 3mm Breite aufgeweitet ist, dafür jedoch nur eine Höhe von etwa 30 mm abdeckt. Der 2D-Laser ist auf dem folgenden Foto hinten zu sehen. Man erkennt die große Zylinderlinse sowie einen im 45 Grad-Winkel stehenden Spiegel, der den Laser unter genau 90 Grad in die Kammer lenkt. Davor befindet sich der 3D-Laser mit seiner kleineren Zylinderlinse. Sein aufgeweiteter Strahl verläuft leicht schräg links am Spiegel des 2D-Lasers vorbei, um durch den selben Schlitz im fast vollständig abgeklebten Kammerfenster zu passen und schließlich innerhalb der Kammer den 2D-Laserfächer im Sichtfeld der 3D-Kameras zu kreuzen.
Womit wir endlich bei den Kameras wären. Im obigen Bild befinden sich die 2D-Kameras links der Kammer und sind leider kaum zu erkennen. Ihr müsst mir also glauben, dass es 3 davon gibt: Eine Übersichtskamera, die den gesamten Elektrodenzwischenraum erfasst sowie 2 Detailkameras, die zusammen etwa die halbe Staubwolke mit hoher räumlicher Auflösung beobachten.
Rechts erkennt man das Stereoskopie-Setup bestehend aus 4 Kameras, welches nun auf einer eigenen Grundplatte Platz gefunden hat. Der Vorteil dieser Konstruktion ist, dass alle Einstellungen relativ bequem von der Rückseite aus vorgenommen werden können. Der Nachteil gegenüber einzeln an den Bosch-Streben montierten Kameras ist natürlich, dass die Kameras nicht mehr einzeln positioniert werden können. Andererseits kann nun das Sichtfeld zumindest horizontal durch Verschieben der ganzen Platte recht einfach verstellt werden.
Natürlich sind alle Kameras mit entsprechenden Bandpassfiltern für die jeweilige Laserwellenlänge ausgestattet. Zusätzlich gibt es noch eine Glow-Kamera, die nur das Plasmaleuchten aufnimmt.
Für die ehemaligen IMPF-K2-Flieger unter uns hat dieses Experiment einige Eigenheiten zu bieten, auf die hier noch eingegangen werden soll. Da die Racks ursprünglich als Testplattform für Ekoplasma (und nun für COMPACT) gebaut worden sind, ist die Turbopumpe eine weltraumzertifizierte, aber ziemlich kleine Ausführung. Im Zusammenspiel mit der großen Kammer muss immer recht lange gepumpt werden, um einen guten Basisdruck zu erreichen. Zudem wurde die Kammer vor der Kampagne ein letztes Mal gründlich mit Ethanol gereinigt und wird hier vor Ort nur noch ausgesaugt, da sonst innerhalb der gegebenen Zeit kein wirklich gutes Vakuum erreicht werden kann.
Dank der verstellbaren Elektroden und abgefahrenen RF-Konfigurationsmöglichkeiten können wir auch am Boden Staub quasi in der Kammermitte einfangen und hiermit die Stereoskopie einstellen, ohne wie vorher extra Zusatzeinbauten zum Ändern des Staubeinfangs zu benötigen – ein zusätzliches Öffnen und wieder Abpumpen der Kammer entfällt.
Die vielen Parameter und die Komplexität des Systems aus 4-kanaligem RF-Generator, regelbaren Verstärkern, Abschwächern, Anpassnetzwerken und 4 unterschiedlich stark ineinander einstreuenden Elektroden macht das Handling natürlich auch dementsprechend knifflig. Daher werden im Vorfeld der Kampagne sogenannte Setpoints erstellt, die für gegebene Elektrodenabstände, Gasdrücke, gewünschte Entladungsbedingungen etc. passende Einstellungen enthalten. Dazu werden die Spannungen und Phasen an den Elektroden gemessen und in einem Optimierungsprozess automatisiert passende Einstellungen für den Generator gefunden, die die gewünschten Spannungen und Phasen liefern. Während der Flüge können diese Setpoints dann abgerufen werden.
In einem Folgebeitrag werden wir (so die Zeit es zulässt) noch ein paar Worte darüber verlieren, was man mit dieser tollen Zyflex-Kammer nun alles machen kann und welche Experimente wir auf dieser PFC konkret planen. Wenn euch noch Fragen zum Aufbau unter den Nägeln brennen oder ihr gerne bestimmte, andere Blickwinkel sehen würdet, hinterlasst gerne einen Kommentar!