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Fazit FT1 und Vorbereitungen FT2

Ein wenig knifflig war es für die Flugcrew am ersten Tag schon. Ganze zwei Mal haben wir die Verbindung vom Steuercomputer zu unserem Digitalcontroller verloren. Eine durchaus wichtige kleine Box mit – Überraschung – digitalen Ein- und Ausgängen, die Dinge wie Laser-Enable und Dispenser steuert. Mit anderen Worten: Ohne das Ding geht nichts. Beim ersten Mal haben wir eine zusätzliche Pause von 3 Minuten bekommen, um das gesamte Setup einmal neu starten zu können. Beim zweiten Mal haben wir dann mit Erfolg versucht, nur den Controller zu resetten und die Steuersoftware neu zu starten. Eine weitere Parabel ging dann noch drauf, bis wir alles wieder richtig eingestellt hatten. Ansonsten haben wir noch das ein- oder andere Mal das Plasma ausgeschossen und einer der Dispenser (der mit dem 4 µm-Staub) lief nicht so toll. Daher haben wir unseren Messplan fleißig hin- und hergeschoben.

Aber es gibt auch Postives zu vermelden: Der Interlock hat antandslos gehalten. Die Messungen zur Elektronentemperatur haben wir im Kasten. Mit den Gemischen haben wir auch einige Messungen gemacht, wenn auch nicht so viele wie geplant. Das bringt mich zum morgigen zweiten Flugtag, für den ist nämlich von vorn herein eine Fortsetzung der (Ent)mischungsmessungen geplant.

Außerdem wird morgen die größte technische Neuerung auf Greifswalder Seite gestestet. Wer jetzt an so etwas wie eine neue Kammer, einen neuen RF-Generator oder ein neues Stereoskopiesystem denkt, den müssen wir leider enttäuschen. Das ist zwar alles geplant, aber wie so oft schwieriger als gedacht, vor allem auf der Herstellungs- und Beschaffungsseite anscheinend… Und die nach langer Verzögerung kurz vor der Kampagne endlich gelieferten Teile für die neue Kammer wollten wir dann doch nicht im Flieger ausbreiten, um sie vor Ort „schnell noch“ zusammenzubauen…

Nein, stattdessen gibt es jetzt also einen kleinen aber feinen Prototypen eines neues Dispensertopfes. Damit wollen wir uns der Frage annähern, wie man bei COMPACT ausreichende Mengen Staub mitführen kann, um die große Kammer über einen längeren Zeitraum „füttern“ zu können. Im Grunde wird der eine Topf pro Dispenser einfach durch mehrere hintereinander angeordnete Töpfe ersetzt, die jeweils durch ein Sieb getrennt sind. Alle Töpfe werden wie gewohnt mit Staub und Stahlkugeln befüllt und beim Schütteln sollte der Staub nach und nach zum vordersten Topf und von dort in die Kammer „diffundieren“. Dank der Unterteilung reicht (anders als bei einem einzelnen größeren Topf) der vorhandene Schüttelweg aus.

Beim Digitalcontroller haben wir den USB-Hub im Verdacht, an dem dieser angeschlossen ist. Kurzerhand haben wir außen am Rack einen neuen Hub befestigt, mit dem es dann hoffentlich besser läuft.

Flugtag 1

Tja Leute, nun ist es schon wieder so weit. Die heutige Flugcrew bestehend aus Christina, Daniel (II), Jan und Stefan wartet darauf, dass es losgeht. Die drei Dispenser sind mit Partkeln mit ca. 3 µm, 4 µm und 9 µm Durchmesser gefüllt. Der 4er ist bei Zyflex quasi unser Standardstaub. Damit wollen wir ein paar Experimente vom letztem Mal vervollständigen, die die Form von Staubwolke und Void bei verschiedenen RF-Einstellungen betreffen. Außerdem soll versucht werden, die Elektronentemperatur und somit die Staubladung zu beinflussen. Dazu werden zwischen den Einschaltzeiten der einzelnen Elektroden jeweils Totzeiten eingefügt, wodurch die mittlere Elektronentemperatur gegenüber den bisherigen Sequenzen mit 100% Einschaltdauer reduziert werden sollte.

Den 3er und den 9er-Staub wollen wir gemeinsam einschütteln und versuchen ein Gemisch herzustellen. Bei der letzten Kampagne haben wir bereits Gemische mit kleineren Größenunterschieden untersucht und keine Entmischung gefunden, was für ein recht kräftefreies System spricht. Dies wollen wir nun mit noch größeren Größenunterschieden verifizieren.

Technisch sind wir ganz gut fertig geworden. Gestern konnte noch das „Team Software“ die Arbeiten abchließen. Nachmittags wurde es ein wenig stressig, als einer der magnetischen Hightech-Interlocksensoren nicht erkannt wurde. Das heißt dann meistens, das betroffene Containment-Panel einmal ab- und wieder dranzuschrauben. Außerdem haben wir noch versucht die Position von Sensor und Magnet etwas zu optimieren, auch wenn wir nicht so recht wissen, wo das Problem eigentlich liegt. Heute früh hatten wir dasselbe Spiel nochmal. Drückt uns die Daumen, dass es nicht im Flug passiert! An das nächste Rack kommen auf jeden Fall wieder klassische mechanische Schalter…

Der Wochenendbericht

Da das Format mit weniger, dafür ausführlicheren Beiträgen ganz gut anzukommen scheint (Vielen Dank an die Kommentierenden für das Feedback!), versuchen wir das mal beizubehalten. Ich bin selber gespannt, wie gut das an den Flugtagen klappt. 😉 Zunächst jedoch der obligatorische Rückblick auf das Wochenende:

Nachdem am Freitag um 17 Uhr bei Novespace Feierabend war, ging es zunächst mit der Straßenbahn nach Bordeaux. Seit die Bahn vor einigen Jahren bis zum Flughafen verlängert wurde, geht das echt gut und ist Feierabendstau und Parkplatzsuche deutlich vorzuziehen. Nach einem indischen Abendessen ging’s zum Spiegel, sodass wir gleich den ersten Pflichtprogrammpunkt für unsere „Neulinge“ abhaken konnten.

Am Samstag war dann ein weiterer Klassiker dran: Bei bestem Wetter ging es auf die Dune du Pilat – sogar mit Baden.

Trotz eines bedauerlichen Irrtums können wir außerdem die erfolgreiche Durchführung eines Baguette & Jeanette am Samstagabend vermelden, wenn auch nicht ohne Komplikationen. Manche wollten es wohl heraufbeschwören. Trotz sorgfältigster Vorbereitung haben es die notwendigen Utensilien nicht zum Wochenende ins Auto geschafft. Doch das hält uns natürlich nicht auf, wir sind schließlich gewohnt zu improvisieren. Am Ende kommt es doch nur auf die Wein- und Käseauswahl an, oder? (Wie das Seize da auf den Tisch kommt, das können wir uns allerdings auch nicht erklären…)

Gestern (Sonntag) konnten wir einen von manchen lang erwarteten Programmpunkt abhaken. Schon seit ein paar Jahren gibt es die Bassins des Lumières. Aus irgendeinem Grund haben wir es dort letztes Jahr allerdings nicht hin geschafft. Es handelt sich um eine animierte Projektions-Kunst-Ausstellung in einem ehemaligen deutschen U-Boot-Bunker im Hafen von Bordeaux. Auf dem Programm stand eine Ausstellung holländischer Meister von Vermeer bis Van Gogh. Beeindruckend. Neben diesem ca. 45-minütigen Hauptprogramm gab es noch eine Show mit Werken von Piet Mondrian sowie einen separaten Raum mit zeitgenössischer Animationskunst. Schwer zu beschrieben, aber sehr cool das Ganze, schaut euch die Details am besten selber an: https://www.bassins-lumieres.com.

Nachdem wir an der Garonne-Promenade die Eindrücke sacken lassen konnten, hatten manche dann immer noch nicht genug. So gab es dann noch einen Trip nach Saint-Émilion (André, Florian, Daniel I) bzw. einen Stadtrundgang (Jan, Stefan).

Abendessen gab es dann dort, wo mal „O Panda“ war. Ja, den Panda gibt es nicht mehr! So anders ist das „U Mi Yama“ aber auch nicht und kann durchaus als Ersatz durchgehen. Statt Buffet gibt es jetzt Sushi & Co. zum selber Bestellen per Tablet – Ein Tablet pro Tisch, in unserem Fall also für sieben Leute… Irgendwie haben wir es dann aber ganz gut geschafft, uns abzustimmen oder das Tablet einfach rumgehen zu lassen. So konnten am Ende alle Essenswünsche erfüllt werden und wir waren (mindestens) satt.

Vervollständigung von Team und Experiment

Seit Mittwochabend sind wir nun vollständig: Florian und Jan von der Hochschule Mittweida sind in Bordeaux eingetroffen. Grundsätzlich geht es bei dem Kooperationsprojekt um eine Datenanalyse in Echtzeit, die den Experimentatoren helfen soll, einen besseren Eindruck von den gerade durchgeführten Experimenten zu bekommen. Auf dieser Basis wäre dann z.B. eine sinnvollere Bestimmung der Parameter für die nächste Parabel möglich. Auch für ein Weltraumexperiment ist es natürlich wünschenswert, bereits während oder zumindest kurz nach jeder Messung erste Ergebnisse am Boden zu haben und nicht Wochen oder Monate lang warten zu müssen, bis die Datenträger mit den Rohdaten zurück zur Erde transportiert werden.

Natürlich kamen die beiden nicht mit leeren Händen, sondern hatten einige Technik im Gepäck. Auf dieser Kampagne soll es um eine Art Technologiedemo gehen, es werden Partikel im Bild detektiert und eine grafische Auswertung der Dichte präsentiert. Wir wollen ein Gefühl für die Abläufe bekommen und dafür, welche Darreichungsform den Experiment-steuernden Experimentatoren am meisten hilft.

Die eigentliche Datenanalyse braucht doch einiges an Rechenpower und läuft daher auf einem Nvidia Jetson, quasi ein Minicomputer mit niedrigem Energieverbrauch und dafür sehr viel Rechenleistung. Der Jetson stellt ein Webinterface bereit, das während des Fluges auf einem iPad abgerufen und dargestellt wird. Mechanisch war das ganze gestern Vormittag schnell aufgebaut, da der kleine Jetson einfach per Klettband huckepack auf unserem Rack befestigt wurde. Das iPad wird ebenfalls per Klett an einem für diesen Zweck angebrachten Stück Boschprofil fixiert, sofern es gerade niemand in der Hand hält.

So weit so einfach. Aber wie bei jeder Integration – erst Recht, wenn diese zum ersten Mal stattfindet – gibt es auch hier einige Tücken. (Wer erinnert sich noch an die alljährliche Kiel-Greifswalder Stereoskopie-Integration?) Hier liegen diese Tücken naturgemäß eher auf Softwareebene. Daniel (II) und Jan traf man daher am Donnerstag und Freitag fast ausnahmslos fieberhaft programmierend auf dem Flieger an. Der erste größere Knackpunkt war die Übergabe der Greifswalder Kamerabilder an den Jetson, die mittlerweile gut zu klappen scheint. Jetzt geht es noch um kleine, weniger entscheidende Details.

Donnerstagnachmittag mussten wir dann doch noch mal die Kammer aufmachen, weil sich die verstellbaren Elektroden in einer ungünstigen Position verklemmt hatten. Abends wurde es dann kurz noch ein wenig spannender, als die Workshopcrew folgender Funkspruch aus dem Flieger erreichte: „Brauchen dringend ein Multimeter hier oben!“ Tja, einer der drei Dispenser versagte seinen Dienst. Wie sich herausstellte, kam die Spannung jedoch beim Dispenser an und nach einmal Aus- und Einstecken lief er wieder. Glück gehabt, wir mussten also nicht zwecks Dispensertausch unser inzwischen schon wieder mühsam eingepumptes, sehr gutes Vakuum aus der Kammer lassen.

Jetzt hoffen wir natürlich, dass der schlechte Kontakt nicht wieder auftritt – vor allem nicht während des Fluges. Sicherheitshalber haben wir uns dann noch entschlossen, die restlichen Dispenser, die für den zweiten und dritten Flugtag bereitliegen, im Labor trocken zu testen. Kurze Erläuterung für die IMPF-K2-Veteranen: Bei den Zyflex-Dispensern sind die Staubtöpfchen fest an der Stange montiert. Es werden zum Staubwechsel also nicht nur Töpfchen, sondern immer ganze Dispenser gewechselt.